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^inh 2018071305 monograph
Bestimmung des Produktes durch das digitale Werkzeug

In den Jahren 2017 und 2018 erstellte der Verfasser seine Sinfonien Sieben und Acht direkt in den Rechner, -- nutzend das System seines Studienfreundes MW, dessen Haus in Dahlhausen hütend, mit der Notensatzsoftware Sibelius.

Nun (202010420 ff) übertrug er die Papierpartitur seiner Ersten Sinfonie auch in den Rechner, um sie endlich hörbar zu machen, benutzend das public domain Projekt MuseScore.

Allemal aber zeigten sich ernsthafte Einwirkungen der Eigenschaften der angewandte Werkzeuge auf das erzeugte Notat, von denen hier einige aufgelistet seien:

  1. Sibelius hat einen sehr ausgefuchsten Einsatz des abgesetzten numerischen Tastaturblockes. In dem werden u.a. die Dauern für die einzugebenden Noten voreingestellt. Die Tastenbelegung kann mehrfach umgeschaltet werden, da nicht alle benötigten Symbole auf den ca. 17 Tasten Platz finden. So ist z.B. die Vierundsechzigstel-Dauer nicht direkt, sondern nur nach Umschalten auswählbar.
    Im Adagio der Siebenten gibt es folglich einige Zweiunddreißigstel, die vielleicht Vierundsechzigstel geworden wären, wären diese nicht so umständlich und flow-störend einzugeben!
  2. Selbst der größte Bildschirm ist zu klein! Beim letzten Auftreten des C-Dur-Themas in der Achten Sinfonie wollte Verfasser eine der Imitationen lieber in die Flöten statt (wie alle übrigen Stimmen) in die Streicher legen. Das aber hätte er auf einen Blick nicht mehr sehen können, und auch zwischen den Stimmen nicht ohne Scrolling wechseln. Also blieb die Stimme in den Streichern und wurde stattdessen rhythmisch abgesetzt. (Eine letztlich viel bessere Lösung!-)
  3. Verfasser hat in de Linguis Musicam Notare eindringlich zu markierten Sicherheitsversetzungszeichen geraten und vor redundanten Versetzungszeichen gewarnt. Da erstere aber in MuseScore nur sehr umständlich einzugeben sind, und das eh alles immer viel zu lange dauert, wimmelt es jetzt nur so von letzteren in den Partituren der elektronischen Fassungen der frühen Sinfonien
  4. Sibelius generiert auf Anfrage die Umkehrung und den Rücklauf einer Melodie. Mit dieser Funktion wurden die Themeneinsätze in der Fugato-Durchführung des ersten Satzes der Siebenten hergestellt. Wäre damals nur ein weniger mächtiges Werkzeug zur Verfügung gestanden, hätte Verfasser die "Krebsumkehrung" sicherlich nicht händisch zusammengesetzt.
  5. Die Transpositionsfunktionen sind in allen Werkzeugen fast immer fehlerhaft, zumindest unterspezifiziert. Eine sehr exotische Transposition mit vielen verminderten und übermäßigen Intervallen ergab sich beiläufig am Ende des Adagios der Siebenten und wurde (selbstverständlich nach weitgehender Überarbeitung) zu dessen allerletztem Themeneinsatz.

Alle diese Punkte (und manch weitere sind dem Verfasser inzwischen wohl entfallen !-) sollen als Warnung dienen, dass (a) Werkzeuge sorgfältig gewählt werden sollten, (b) ihr Einfluss nie zu unterschätzen ist, und (c) ihre EntwicklerInnen sich ihrer Verantwortung bewußt sein sollten und möglichst viel Variabilität, Diversität und Konfigurierbarkeit einbauen sollten.


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